PorträtsGörkem Gülsen

Für Görkem Gülsen war sein Mentor, der Staatsminister Michael Roth, ein Glückstreffer.„Er hat seine Lebenserfahrung mit mir geteilt, es war fast wie ein persönliches Coaching.“

Ich weiß noch, wie ich Michael Roth kennengelernt habe. Er war bei einer Sitzung des Bundeskabinetts in Berlin. Danach hat er mich direkt getroffen, seinen Stipendiaten. Das hat mir sehr imponiert. Ich hatte Michael Roth vorher einmal gesehen, in Düsseldorf hatte er eine Rede über die Zukunft Europas gehalten. Für mich war der SPD-Politiker als Mentor ein Glückstreffer.

Ich habe an der Hochschule Fulda studiert, Roth hat ein paar Kilometer weiter seinen Bundestagswahlkreis. Mittlerweile mache ich einen Master in Friedensforschung und Internationaler Politik, das eines seiner Spezialgebiete als Staatsminister im Auswärtigen Amt ist. Wir haben bei unseren Treffen aber nicht nur über Politik und Diplomatie geredet. Er hat auch seine Lebenserfahrung mit mir geteilt, es war fast wie ein persönliches Coaching. Durch den Kontakt zu ihm konnte ich an meinen Aufgaben wachsen.

Bei weiteren beruflichen Stationen habe ich auch andere Politiker getroffen, Heiko Maas und Norbert Lammert zum Beispiel. Mein Mentor hatte mir vorher geraten, sie wie normale Menschen zu behandeln. Während meines Auslandssemesters in Schottland wurde ich von der Universität St. Andrews für eine Gesprächsrunde über die Europäische Union ausgewählt. Auch vor diesem Termin mit der Premierministerin Nicola Sturgeon habe ich mich mit Michael Roth ausgetauscht.

In den zwei Jahren im GEH DEINEN WEG-Stipendienprogramm war die Beziehung zwischen uns aber nie einseitig. Ich habe Michael Roth auch aus meiner Bildungsbiografie erzählt. Sie steht wahrscheinlich exemplarisch für eine junge Generation von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Wir haben hybride Identitäten und damit eine vielfältige Perspektive auf die Welt.

Ich bin mit drei Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen, mit 14 habe ich mich für die deutsche Staatsangehörigkeit entschieden. Trotzdem war ich in meiner Jugend häufig der Ausländer. Ich bin auf die Hauptschule gegangen, anfangs hatte ich Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache. Ich hatte immer das Gefühl, mehr leisten zu müssen als andere.

Am Ende meiner Schulzeit wurde mir trotz guter Noten geraten, eine Lehre in einem türkischen Supermarkt zu machen anstatt zu studieren. Ich habe mich aber nicht entmutigen lassen. „Du bist ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft“, hat Michael Roth einmal zu mir gesagt. Ich habe mir den Satz gemerkt, er war eine große Bestätigung für mich. Offiziell ist das Mentoring im Juli 2018 abgelaufen. Ich bin mir aber sicher, dass Michael Roth und ich in Kontakt bleiben werden.